Kultur

Detail aus "Ein netter Abend", 1972 in Hamburg entstanden. Platschek malte im realistisch-satirischen Stil. (Foto: Peter Vopelius)

03.05.2024

Verstörendes in düsteren Farben

Satirischer Realismus: Eine Ausstellung über Hans Platschek im Museum Lothar Fischer in Neumarkt in der Oberpfalz

Dass er jemals „nette Abende“ gehabt haben könnte, wird man kaum annehmen, wenn man die Ausstellung Höllenstürze, Hahnenkämpfe, nette Abende über den Künstler und Kunstkritiker Hans Platschek im Museum Lothar Fischer in Neumarkt sieht. Sie erzählt stattdessen in aller Düsternis von der Emigration 1939 mit den Eltern auf dem letzten Schiff nach Montevideo, von seiner Rückkehr 1953 in die inzwischen von der abstrakten Malerei dominierte Bundesrepublik Deutschland, ein Stück weit auch von einer Karriere in den 1960er- Jahren und in der Münchner Protestszene – auch von der problematischen Ehe mit der Schriftstellerin Gisela Elsner. Ja, und Nette Abende heißt zwar schließlich das Bild aus Platscheks realistischer Schaffensphase, aber die älteren Herrschaften haben beim Tanzkränzchen mit Hamburgs Erstem Bürgermeister seltsam steife und staksige Beine.

Kein „nettes“ Leben

Drei Bilder sind es, nach denen die Kuratorinnen Pia Dornacher und Selima Niggl die Ausstellung benannt haben: nach dem geradezu in Rubensmanier gemalten Höllensturz von Emigration und antifaschistischem Kampf in Südamerika, nach den Hahnenkämpfen zwischen Abstraktion und Figürlichkeit in München-Schwabing sowie nach den nur vermeintlich netten Abenden seiner Spätphase mit tanzenden Rentnern und einem Baby mit Greisengesicht im Kinderwagen. Und weil das Leben des Hans Platschek (1923 bis 2000) keineswegs nett, aber äußerst vielfältig war, zeigt das Museum in dieser üppig bestückten Ausstellung noch einen Raum, der die europaweite Vernetzung des Künstlers dokumentiert, und einen weiteren zum Thema seiner letztlich unglücklichen Ehe mit Gisela Elsner.

Verstörend düster

Die Verbindung zu Lothar Fischer (1933 bis 2004) von der Münchner Gruppe Spur, der in Neumarkt aufgewachsen ist, war letztlich der Anstoß zu dieser Erinnerung an Platschek: Er und Lothar Fischer sind gemeinsam auf einem Foto aus München zu sehen – ihr künstlerisch-persönlicher Weg ging allerdings schnell in verschiedene Richtungen, die nicht nur in der Schwabinger Boheme mäanderten, sondern auch in der Galeristentätigkeit von Otto van de Loo in der Münchner Maximilianstraße.

Wenn man ein Etikett für Hans Platschek finden wollte, wäre es sein „satirischer Realismus“: von der Zeit in Montevideo und den Hitler-Karikaturen an bis hin zum verschwurbelten Kopf eines Hegelianers (1966) oder einem Bild des Galeristen van de Loo, das dieser gar nicht goutierte.

Das tief Verstörende in Platscheks Malerei allerdings trifft einen beim Betrachten der großen Formate, die in Neumarkt gezeigt werden: In düsteren Farben zeigt sich dieser Höllensturz, als würde eine Müllhalde von Leibern in die Bildfläche hineinkippen. Die Erinnerung an Lola Montez (Lola Montez, Grandeur Nature, 1962) ist in den Farben der spanischen Tradition gehalten: Rot und Schwarz. Viele Bezugspunkte hat The Language of Sizes (Die Sprache der Kategorien, 1967/68) mit der Kombination eines Zitats vom 1512 bis 1516 entstandenen Isenheimer Altar Grünewalds und einer schamlos ihren Busen entblößenden alten Frau in einer Holzhütte: deutsche Renaissance und spanischer Barock zusammen mit satirischem Realismus – das Infomaterial der Ausstellung assoziiert auch Auschwitz.

Die letzten 20 Jahre von Platscheks Leben dokumentiert die Ausstellung mit der Verbindung von realistischer und abstrakter Darstellung beziehungsweise allein schon mit dem Blatt Über die moderne Kunst (1980) und mit einer detailgenau abgebildeten dicken Frau im Badeanzug samt Sonnenbrille – gegenüber dann ein gekritzelter Kinderkopf: eine Art doppelten Stilllebens mit dem Bezug zu zwei Kunstrichtungen. (Uwe Mitsching)

Information: Bis 9. Juni. Museum Lothar Fischer, Weiherstraße 7a, 92318 Neumarkt i. d. Opf. www.museum-lothar-fischer.de

 

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