Politik

Kaffee in Einwegbechern liegt im Trend. Daran wird auch die neue EU-Verpackungsinitiative nichts ändern. (Foto: picture alliance /ASSOCIATED PRESS/Eric Risberg)

03.05.2024

Coffee to go? Gibt’s trotzdem

EU sagt Plastik den Kampf an

Man kennt sie, die Bilder von mit PET-Flaschen vermüllten Stränden, die Berichte von an Tragetüten verendeten Walen und die Seefahrer-Erzählungen von großen Plastik-Strudeln in den Weltmeeren. Das EU-Parlament hat vergangene Woche mit einem Kompromiss den Weg frei gemacht, zumindest den aus Europa stammenden Plastikmüll weiter einzudämmen. Die Novelle sieht eine schrittweise Reduzierung des Verpackungsmülls in der EU um 15 Prozent bis 2040 vor.

Vor allem Einwegverpackungen aus Plastik sollen schon bis 2030 zu einem großen Teil vom Markt verschwinden, der Anteil an Mehrweg- und Recycling-Verpackungen soll gleichzeitig steigen. Aufgewertet werden dafür Verpackungen aus Papier und Pappe. Ein Beispiel: Zuckertütchen aus Papier bleiben in Cafés erlaubt, die Kaffeemilch in Einzeldosen wird bis auf wenige Ausnahmen verboten. Zudem wird „Mogelverpackungen“, die außer Luft und Füllmaterial wenig Inhalt haben, der Kampf angesagt. Insgesamt sollen Verpackungen durch den Verzicht auf schädliche Chemikalien umweltfreundlicher werden.

Semi-begeistert über den Kompromiss

Beim Bund Naturschutz in Bayern (BN) ist man über den Kompromiss nur semi-begeistert. Waltraud Galaske, Sprecherin des BN-Arbeitskreises Abfall und Kreislaufwirtschaft, lobt zwar die verbindlichen Vermeidungsziele und die Vorgaben zum Recycling, die vor allem in Süd- und Osteuropa ihre Wirkung entfalten würden. Für Deutschland werde der Kompromiss aber wegen der ohnehin strengeren Regeln kaum Veränderungen bringen. Vor allem für das wachsende Problem mit To-Go-Verpackungen von Getränken und Lebensmitteln sieht Galaske keine Verbesserungen. Hier fordert sie von der Bundesregierung den Aufbau von Mehrwegsystemen und eine nationale Abgabe auf Einwegverpackungen. Zudem komme das erst ab 2038 geltende Verbot für schlecht wiederverwertbare Verbundverpackungen zu spät.

Die EVP-Fraktion im EU-Parlament ist zufrieden mit dem vor allem auf ihr Drängen zustandegekommenen Kompromiss. Man habe aus dem von der Kommission ursprünglich geplanten „Bürokratiemonster“ ein „pragmatisches Umweltgesetz“ gemacht, erklärt der EVP-Umweltsprecher Peter Liese (CDU): „Wir reduzieren Plastikabfälle, wir haben aber unsinnige Verbote aus dem Text herausgenommen.“ Die EVP-Berichterstatterin im mitberatenden Industrieausschuss, Angelika Niebler (CSU), ergänzt, es sei gelungen, starre Mehrwegquoten und pauschale Verbote von bestimmten Verpackungsformaten zu verhindern und „hochwertiges Recycling“ zu verankern.

Nach Einschätzung von Delara Burkhardt, Umweltsprecherin der SPD im EU-Parlament, sind die neuen Verpackungsregeln „gute Neuigkeiten für ein nachhaltigeres Europa“. Es sei trotz des enormen Lobbydrucks der Verpackungsindustrie gelungen, die Reduktion von Verpackungsabfällen in den Mittelpunkt zu stellen. Als Pluspunkte für Verbraucher*innen bewertet sie, dass künftig auf den Verpackungen klarere Hinweise zur Mülltrennung zu lesen sein werden und der Gesundheitsschutz durch neue Grenzwerte für umweltschädliche Chemikalien erhöht worden sei.

Bayern begrüßt die Reform

Erleichtert, dass es überhaupt zu Verbesserungen kommt, ist der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), deren Mitgliedsbetriebe für einen Großteil der Abfallentsorgung in Deutschland zuständig sind. Die Betonung von Wiederverwertung und Recycling sei ein wichtiger Schritt, um vom aktuellen „Höchststand bei Verpackungsabfällen“ wegzukommen, so VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. Er begrüßt, dass die alte VKU-Forderung nach einem Mindestprozentsatz an recyceltem Inhalt für den Kunststoffanteil in Verpackungen umgesetzt wird. Der Wellpappen-Industrieverband bewertet den Kompromiss als „sehr positiv“, während der Industrieverband Kunststoffverpackungen die Produkte seiner Mitgliedsfirmen durch die neue Verordnung benachteiligt sieht.

Im bayerischen Umweltministerium wird der EU-Kompromiss grundsätzlich begrüßt. Um ihn abschließend zu bewerten, müsse man aber erst die Ausführungsbestimmungen abwarten, teilt ein Sprecher mit. Außerdem gebe es für den Einsatz von Recyclingmaterial in Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff noch offene Fragen. Überwiegend positiv reagiert auch das Wirtschaftsministerium. Dort begrüßt man die EU-weite Harmonisierung bei der Kennzeichnung, die Privilegierung von Papier sowie die Recyclingziele, die Stärkung von Mehrweg und die Rücknahmesysteme für bestimmte Einwegverpackungen. Gewarnt wird aber vor einer Ausweitung bürokratischer Vorschriften. Vor allem dürfe es keine unnötig komplexe nationale Umsetzung der EU-Regeln geben, was für die Unternehmen zu zusätzlichen Kosten führen würde. Kritisch gesehen werden Verbote von zu Mehrwegsystemen ökologisch mindestens ebenbürtigen Einwegverpackungen. Hier sollte es zum Beispiel für kompostierbare leichte Plastiktüten Ausnahmen geben.
(Jürgen Umlauft)

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