Politik

Immer weniger Hausverwalter*innen müssen immer mehr Aufgaben übernehmen. (Foto: dpa/Proepper)

03.05.2024

Hausverwalter verzweifelt gesucht

Vor allem kleine Wohnungseigentümergemeinschaften finden oft keine Verwaltung mehr – woran liegt das?

Die einen wollen das Treppenhaus sanieren, eine Video-Sprechanlage einbauen und einen Lift. Die anderen treten auf die Bremse. Wer eine Wohnung besitzt, ist gezwungen, Kompromisse zu schließen. Weil es dabei um viel Geld gehen kann, sind Konflikte programmiert. Ausgetragen werden die Debatten auf Eigentümerversammlungen, moderiert von Hausverwaltern und Hausverwalterinnen. „Wir sind Seelsorger“, sagt Marco Schwarz, Vorsitzender des Verbands der Immobilienverwalter Bayern.

Schade nur, dass sich die „Seelsorger“ gerade rar machen. In bayerischen Großstädten ist das Problem besonders eklatant. Denn hier gibt es viele Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG). Weil die Lebenshaltungskosten hoch sind, fehlen nicht nur Hausverwalter, sondern auch Leute fürs Büro. Die wenigen, die übrig bleiben, schultern die Last der vielen. Obwohl man doch eigentlich keine Ausbildung zum Immobilienkaufmann beziehungsweise zur Immobilienkauffrau bräuchte, um die Buchhaltung zu machen, einen Schlüssel für eine gesicherte Schließanlage zu bestellen oder einen Handwerksbetrieb zu beauftragen.

Die Folge: Deutschlandweit empfinden sich 61 Prozent der befragten Unternehmen laut einer Umfrage des Bundesfachverbands der Immobilienverwalter (BVI) als „stark ausgelastet“. Das bedeutet, so BVI-Präsident Thomas Meier: „Sechs von sieben Verwaltern werden sich derzeit sehr gut überlegen, ob sie eine kleine WEG annehmen oder nicht.“

Fachkräfte- und Personalmangel, die Umsetzung des Heizungsgesetzes und die elende Bürokratie: Die Misere hat viele Ursachen. Der Job an sich ist auch nicht gerade leicht. Man muss schon ziemlich breit aufgestellt sein, um als Hausverwaltung zu bestehen. Immobilienkaufleute verwalten ja nicht nur das Vermögen der Gemeinschaft, sie setzen auch die Hausordnung um, managen das gemeinsame Eigentum, lassen Rauchmelder einbauen, überprüfen das Trinkwasser auf Legionellen.

Die Bezahlung ist im Vergleich wenig attraktiv

Nebenbei wuppen sie alles, was im Bestand zur Energiewende getan werden muss, und schütteln im Idealfall auch den passenden Paragrafen im Wohneigentumsrecht aus dem Ärmel.

Vor allem aber halten sie Eigentümerversammlungen ab und moderieren Konflikte, obwohl sie das in ihrer Ausbildung gar nicht gelernt haben. Dabei müssen sie das Misstrauen der Eigentümer*innen aushalten, die ihre Hausverwaltung häufig für „überlastet und wenig leistungsbereit“ halten, wie Marco Schwarz erklärt, der schon über 800 Wohnungseigentümergemeinschaften betreut hat und weiß, wie es ist, zwischen die Fronten zu geraten. „Im Streitfall kommen die Parteien mit dem Gesetzbuch in der Hand.“ Viele Hausverwalter nähmen die Konflikte mit nach Hause. Burn-outs seien in der Branche immer häufiger.

Dass vor allem kleine Hausgemeinschaften niemanden finden, der sie verwalten will, hat aber auch mit der Bezahlung zu tun. Denn der Betreuungsaufwand unterscheidet sich bei kleinen oder großen WEGs kaum. Die Bezahlung hingegen schon.
Und für die Nachwuchsgewinnung spielt die Bezahlung eine entscheidende Rolle. Bereits während ihrer kaufmännischen Ausbildung legen sich die Azubis fest, ob sie in die Hausverwaltung oder ins Maklergeschäft wollen. Makeln zieht natürlich mehr.

Schließlich erzielen Maklerunternehmen irrwitzige Summen – jedenfalls, wenn die Branche nicht gerade kriselt. Hausgemeinschaften zu verwalten, klingt lahm dagegen. Dabei hat der Job durchaus auch finanzielle Vorteile, wie Schwarz betont: „Arbeite ich als Verwalter seriös und vernünftig, ist das einer der sichersten Aufträge, die man haben kann. Eine WEG ist treu, die Vergütung sicher. Das Geld kann man vom Konto des Kunden im Vorhinein, am Anfang eines Monats, entnehmen. Das hat einen gewissen Charme. Als Makler dagegen hat man von jetzt auf gleich wesentlich schlechtere Verdienstmöglichkeiten, das Risiko muss man sehen.“

Schwarz hofft darauf, den Hausverwalterjob bekannter zu machen. Um die Lücke an Fachkräften zu füllen, sollen immer mehr Quereinsteiger*innen ausgebildet werden. Auch den eigenen Arbeitsalltag will man verbessern. Zentral ist die Forderung, Eigentümerversammlungen digital abhalten zu können. Rechtlich ist das bisher nicht möglich. Hybrid dürfen die Versammlungen immerhin sein.

Den Verwaltungen nützt das wenig: Sie sind vor Ort, am Abend, ausgerechnet dann, wenn alle Welt den Feierabend genießt. Bei 15 bis 25 WEGs, die eine Verwaltung durchschnittlich betreut, kein geringes Problem. Für viele seien gerade die Arbeitszeiten, „ein ganz gravierender Hemmschuh“, so Schwarz. „Die Einführung einer digitalen Eigentümerversammlung wäre extrem entlastend.“ Die Fahrzeiten fielen weg, man könnte im Homeoffice oder vom Büro aus arbeiten. „Das wäre eine Möglichkeit, mehr Interessenten zu finden. Schon eine digitale Eigentümerversammlung alle zwei Jahre würde die Sache entzerren.“

Für die WEGs in München, Nürnberg, Würzburg oder Augsburg bleibt die Situation erst mal trübe. „Schlimmstenfalls findet man niemanden und muss selbst zurechtkommen“, so Schwarz. Sein Tipp: „Schauen Sie sich das Leistungsportfolio von Verwaltern an und überlegen Sie, was Sie selbst machen können.“ (Monika Goetsch)
 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.